Montag, 10. April 2006

Brief an W.

Kürzlich telefonierte ich mit W., meiner hochverschuldeten besten Freundin, die in Hamburg ihr Dasein fristet und verzweifelt nach einem Job sucht.

Dank diverser Fehler bei der Arbeitsagentur ist ihr Einkommen derzeit gerade bei ungefähr 0,- € angesiedelt. Dementsprechend deprimiert war sie. Nach zwei Stunden konnte ich zwar einmal mehr etwas ermuntern und das eine oder andere Lachen hervorrufen, aber irgendwie schien das diesmal nicht zu genügen.
Mein Dispo schreit mich zwar selbst jedesmal auf dem Auszug an, jedoch brauche ich das Geld nicht so nötig wie sie. Also flugs ein wenig Geld in den Umschlag und mit der Hoffnung, das ich ihren Tag ein wenig aufhelle, folgende Zeilen auf das Papier gebannt:


........., den 06.April 2006
zur ersten Stunde
Liebste Freundin,
ich hoffe, dieser Brief findet Euch in besserer Stimmung vor, als bei unserem Gespräch oder vermag zumindest, diese zu heben.

Stets hasse ich es aufs Neue, so wenig zur Besserung Eurer Lage unternehmen zu können, als nur aufzumuntern und als treuer Freund dann und wann ein Lächeln auf Euer anmutiges Gesicht zu zaubern. Verfügte ich über ein Vermögen - ich würde freudig den notwendigen Teil zur Beseitigung Eurer Sorgen dorthin legen, wo mein Herz bereits seit langen Jahren ruht: zu euren Füßen.

Da mir ein solch weltlicher Reichtum jedoch bisher nicht zuteil wurde, verfüge ich nur über die armseligen Gaben des Verstandes, des Herzens und der Zuneigung, welche ich euch, liebste Freundin, umso lieber widme, als Ihr ein unschätzbarer Anteil an jenem Reichtum seid, welchen zu besitzen ich mir zu Gute halte: den Reichtum an Freunden.
Derjenige, der einst sprach: “Freunde sind der größte Reichtum, welchen ein Mann besitzen kann.“, war gleichwohl weise und im Recht. Eure wohlwollende Zuneigung ist mir ein teurer Schatz, liebste Freundin, welchen weder Reichtümer oder Ruhm aufzuwiegen vermöchten und welchen ich nur gegen eine Sache auf dieser Welt eintauschen würde: Eure Liebe.

Wir sind gewiß - und oftmals dauert es mich - kein Liebespaar, doch zu weinen,zu lachen und zu träumen vermögen wir gemeinsam - sind anvertraute Seelentaucher, Sternenkinder und so nie einsam.

Doch nun, liebste Freundin will ich dies magere Geständnis meiner Zuneigung an Euch abschließen und mich willig in Morpheus’ Arme begeben, um von Ihm Träume zu empfangen, welche bessere Tage für unser Dasein prophezeien.

Um das Eure um ein Weniges zu erleichtern, liebste Freundin, gestattet mir, diesem Brief neben meinen innigsten Wünschen gleichwohl eine winzige Hilfeleistung anzuvertrauen, von welcher ich hoffe, daß sie von Euch in dem Geiste empfangen werde, in welchem ich sie zu geben vermag: voller Freude.
So verbleibe ich

stets der Eure,
S.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein wunderschöner Brief, ich hoffe, er brachte ihr die gleiche Freude, wie mir beim Lesen.

Der dicke Mann hat gesagt…

Hoffe ich auch.:) Danke.